Beurteilung der Lawinengefahr:
Die aktuelle Lawinengefahr ist von zahlreichen Faktoren abhängig: Lage und Steilheit des Hanges, Geländeform, Untergrundbeschaffenheit des Hanges, Schneedeckenaufbau, Wetterverlauf der letzten Tage, Temperatur, Wind und Neuschneemenge.
Folgende Punkte sollten immer betrachtet werden, um die Lawinengefahr zu beurteilen:
- Bei Steilabfahrten (>25° Hangneigung) besteht grundsätzlich Lawinengefahr. Besonders im freien und baumlosen Gelände. 97% aller Lawinenunfälle passieren in Hängen mit >30° Neigung.
- Nach ausgiebigen Schneefällen (>30cm) steigt die Gefahr sprunghaft an. Der erste schöne Tag nach grösseren Schneefällen ist besonders gefährlich. Erst nach 2 bis 3 Tagen Sonneneinstrahlung oder Wärme setzt sich der Neuschnee und verbindet sich mit den darunterliegenden Schneeschichten.
- Welche Hangrichtung ist anhand der Wetter- und Lawinenbedingungen sowie Sonneneinstrahlung günstiger, welche sollten besser vermieden werden? Dies ist speziell für die Abfahrt zu beachten. Besondere Vorsicht gilt in Schattenhängen, dort kann es länger dauern bis sich die Schneeschichten stabilisieren. Über 60% aller Lawinenunfälle ereignen sich in im Bereich Nordwest - Nord - Nordost.
- Schneeverfrachtung durch Wind führt zur Anhäufung großer Schneemassen und zur Schneebrettgefahr an den vom Wind abgewandten Seiten. Meist sind das die Ost/Nordost/Südost- Hänge. Die dem Wind zugewandten Seiten werden dabei entsprechend abgeweht. Sprichwort: "Der Wind baut Lawinen"
- Welches Wetter war in den letzten Tagen und wie hat sich das auf die Schneebeschaffenheit ausgewirkt? Wie war die Unterlage vor Neuschneefällen? Wie ist die Wettervorhersage? Welche Lawinenwarnstufe herrscht?
- Tages-Temperaturverlauf beachten. Durch Wärme und Sonneneinstrahlung kann sich im Tagesverlauf z.B. von vormittags bis nachmittags die Lawinengefahr beträchtlich erhöhen.
- Auch im flacheren Gelände kann es z.B. im Auslauf von steilerem Gelände lawinengefährlich sein.
Manchmal hört man unterwegs markante Wumm-Geräusche. Diese bilden sich beim abrupten Setzen der Schneedecke, wenn das Kristallgefüge in einer Schwachschicht zusammenbricht. Sie sind ein Zeichen einer instabilen Schneedecke und oft verbunden mit Rissbildung. Wiederholte Wummgeräusche gelten als deutliches Alarmzeichen.
Eine 100% zuverlässige Aussage über die Lawinensicherheit eines Hanges ist leider nicht möglich. Die aktuelle Risikosituation kann aber in der Regel schon beurteilt werden. Dazu wird vor der Schitour auch eine Anfrage beim Lawinenwarndienst empfohlen.
Die Angaben zur Lawinengefahr auf dieser Webseite sind zwar nach bestem Wissen und Gewissen erstellt worden, stellen allerdings nur eine allgemeine Beurteilung dar und es kann natürlich keinerlei Gewähr für die Angaben übernommen werden.
Weitere Risikokriterien:
Das größte Risiko ist wie so oft der Mensch. Immer wieder sieht man auch bei hoher Lawinengefahr Fahrer im freien und steilen Gelände. Erfahrung und Vernunft sind die beste Basis für sicheres Tourenschifahren.
Einheimische Touren- oder Bergführer kennen auch den Untergrund des Hanges unter dem Schnee und wissen wo die üblichen Lawinenabgänge stattfinden. Außerdem beobachten diese Leute wochenlang die Verhältnisse und können so eine wesentlich zuverlässigere Beurteilung erreichen. Für Ortsfremde oder wenn man sich im Gelände unsicher fühlt ist es daher immer empfehlenswert einen Tourenführer anzuheuern. Die Tourenführer kennen natürlich in der Regel auch die besten und lohnendsten Abfahrten.
Informationen zur Lawinengefahr erhält man auch bei Hüttenwirten, der Polizei und der örtlichen Bergrettung. Auch von der nächstgelegenen Unfall-Meldestelle.
Die beste Vorbeugung gegen Lawinengefahr ist "Im Zweifelsfall nie". Dann lieber zu Hause bleiben oder auf eine Tour ausweichen wo die allgemeine Lawinengefahr gering ist.
Lawinenkunde:
Es gibt Lawinen-Fachkurse, bei denen man die bestmögliche Einschätzung und Beurteilung der Lawinengefahr erlernen kann. Seriöse Kurse sind normalerweise verbunden mit Praxisübungen im Gelände und Anleitungen zum Beobachten und Verhalten bei Schitouren. Abgehalten werden solche Kurse z.B. von Alpenvereinen oder den Naturfreunden.
Auch ein Erste Hilfe Kurs ist zu empfehlen, bei dem man lernt Lawinenopfer bestmöglich vor Ort zu versorgen. Dabei kann man zeigen dass man nicht nur an sich selbst denkt.
Verhalten am unsicheren Hang
Muß man trotz aller Vorsichtsmaßnahmen einen unsicher aussehenden Hang befahren, sind folgende Verhaltensregeln anzuwenden:
- Immer einzeln mit ausreichend Abstand abfahren. Die anderen warten und beobachten an sicherem Geländepunkt.
- Fangriemen öffnen, Hände aus den Schischlaufen. Noch mal überprüfen ob Lawinenpiepser und sonstige Sicherheitseinrichtung einsatzbereit ist.
- Beim Abfahren nicht stehenbleiben und wenn möglich so fahren dass die Schneedecke möglichst gering belastet wird. So rasch wie möglich den Gefahrenbereich verlassen.
Verhalten bei Lawinenabgang
Wenn man von einer Lawine erfasst zu werden droht, kann man auf mehrere Handlungsoptionen zurückgreifen, die allerdings keine Erfolgsgarantie beinhalten. Es erhöht jedenfalls die Überlebenschancen, wenn man möglichst wenig tief verschüttet wird und eine Atemmöglichkeit hat. Eine früher häufig empfohlene „Schussflucht“ (also das schnelle Fahren in der Falllinie, um der Lawine zu enteilen) scheint nur selten erfolgreich gewesen zu sein, da Lawinen generell sehr schnell sind und oft der komplette Hang aufbricht. Falls man sich am Rand eines Lawinenhangs befindet, kann man versuchen, durch schnelle Fahrt weg von den Schneemassen das Verschüttungsrisiko zu mindern. Auch ein geschicktes „Reiten“ mit Ski auf der Lawine dürfte nur wenigen Personen geglückt sein. Ebenfalls empfohlene „Schwimmbewegungen“ in den Schneemassen sind nach Aussagen von Verschütteten sinnlos. Erfolgversprechender ist, sofort mitgeführte Rettungsmittel zu aktivieren. Dies sind zum Beispiel ein „Lawinen-Airbag“ (durch Ziehen am Auslösegriff wird eine Gaspatrone gezündet, welche einen oder mehrere Luftkissen am Rucksack aufbläst), der eine tiefe Verschüttung verhindern kann oder die „Avalung“ (man nimmt eine Art Schnorchel in den Mund und kann so auch unter dem Schnee in der Regel atmen - die Ausatemluft wird am Rücken abgeleitet), welche die Erstickungsgefahr verringert. Ski, Snowboard und Stöcke wirken wie ein Anker innerhalb einer Lawine und können eine Person tiefer in die Schneemassen hinein ziehen. Deswegen sollte der Sportler versuchen sein/e Ski/Snowboard zu lösen und die eventuell vorhandenen Stöcke wegzuwerfen. Das Verwenden von Fangriemen ist in diesem Kontext zu vermeiden, da sie wie eine Ankerkette wirken können.
Oft sind weitere Personen vor Ort, die nicht vom Lawinenabgang betroffen sind. Da die Überlebensrate von Lawinenverschütteten schnell abnimmt, kann die „Kameradenhilfe“ durch Anwesende lebensrettend sein. Die organisierte Bergrettung benötigt schon aufgrund der Alarmierungs- und Ausrückezeiten meist länger als eine Viertelstunde bis zur Ankunft. Die Hilfe vor Ort beginnt mit einer möglichst genauen Beobachtung der Verschüttung. Die Registrierung von Erfassungspunkt und Verschwindepunkt ermöglicht Rückschlüsse auf den primär abzusuchenden Bereich. Parallel sollte ein korrekter Notruf abgesetzt werden.
Unter Beachtung des Eigenschutzes (Nachlawinen!) muss zügig die Rettung eingeleitet werden. Man sucht die Lawinenoberfläche nach dem Stillstand zuerst nach Kleidungsstücken oder Ausrüstungsteilen ab. Mancher Teilverschüttete kann so gefunden werden. Gleichzeitig sucht man mit Lawinensuchgeräten. Es ist sicher zu stellen, dass alle Teilnehmer an der Suche auch ihre LVS umschalten (von senden auf empfangen) wichtig keine vergessen (im Rucksack) ansonsten sucht man sich gegenseitig und verliert wertvolle Zeit. Nach der Ortung des Verschütteten setzt man Lawinensonden ein, um den Standort noch genauer zu erfassen. Da man mit der Lawinensonde auch die Verschüttungstiefe feststellt, kann man unterhalb der Sonde zu graben beginnen und sich waagrecht zum Verschütteten vorarbeiten. Man achtet darauf, ob eine Atemhöhle vorhanden war und beginnt mit Maßnahmen der Ersten Hilfe. Falls der Patient unterkühlt ist, muss er vorsichtig geborgen werden. Wird er zu stark bewegt und dadurch der Kreislauf angeregt, fliesst unterkühltes und äusserst sauerstoffarmes Blut in Richtung der inneren Organe. Es droht der sog. Bergungstod. Der Bergrettungsdienst kann neben den oben genannten Hilfsmitteln auch - falls vorhanden - das RECCO-System und Lawinensuchhunde einsetzen. Der Einsatz von Lawinenhunden wär am Sinnvollsten gleich an Anfang bevor noch ein Mensch den Lawinenkegel betreten hat, was aber in den seltensten Fällen zu verwirklichen ist
Sicherheitstipps:
- LVS-Gerät immer im eingeschalteten Zustand am Körper tragen. Batterien regelmäßig überprüfen
- Umfahren von Triebschnee-Ansammlungen speziell auf der windabweisenden Hangseite (Leeseite)
- Umfahren von sehr steilen Hängen
- Berücksichtigung des tageszeitlichen Temperatur / Sonneneinstrahlungsverlaufes
- Wetterveränderungen beachten, auch Nebel
- Entlastungsabstände von mind. 10m einhalten
- In unsicherem Gelände nur Einzelabfahrten mit sicherer Sammelstelle
- Niemals alleine eine Schitour begehen. Bei einer Lawinenverschüttung kann sonst viel Suchzeit verloren gehen.
- Besondere Vorsicht in Schattenhängen NW-N-NO Lage sowie bei allen Hängen >30° Hangneigung